Mazda MX-5: Vom Trendsetter zum „echten“ Oldtimer

Am 25. Mai 1990 wurde der erste Mazda MX-5 in Stuttgart zugelassen. Der kleine Roadster mit dem spritzigen 1,6 Liter-Triebwerk und dem knackigen Fünfgang-Getriebe verzückte vor 30 Jahren die Autowelt. Er war wie eine „Erlösung“, denn es gab damals keine bezahlbaren Autos für Frischluftfans. Mit einem Neupreis von 34.850 Mark wurde der nur 980 Kilogramm schwere Sportwagen schnell zum Bestseller – und jetzt ist er ein „echter“ Oldtimer.

Wie aber ist es, wenn ein heute noch so modern anmutendes Auto eine H-Zulassung erlangt? Um diesen Prozess mitzuerleben, haben wir Laura mit diesem Ur-MX-5 nach Altdorf begleitet. In der Kfz-Prüfstelle Schönbuch hatte die 25-jährige einen Termin zur Oldtimer-Begutachtung gemäß § 23 StVZO zur Erlangung einer H-Zulassung oder eines roten 07er-Kennzeichens vereinbart.

Es war ein herrlicher Anblick, als die hübsche Eventmanagerin bei strahlendem Sonnenschein mit dem absolut neuwertigen Mazda in der Schönbuchstraße 60 vorfuhr. Freundlich wurde die Cabrio-Liebhaberin von ihrem Prüfingenieur Adrian Harrer empfangen. Der Kfz-Sachverständige prüft bereits seit 13 Jahren für die GTÜ und beginnt das Procedere zunächst einmal mit einer kurzen Testfahrt. „Ein paar Meter am Steuer sind oftmals viel aufschlussreicher als der statische Blick auf das Fahrzeug; gab der 44-jährige zu verstehen. Die eigentliche Untersuchung im Prüfzentrum beginnt dann mit der Bremsenprüfung. Der MX-5 besteht mit Bestwerten, ohne prozentuale Abweichung der beiden Achsen. Ebenso mit absoluten Traumwerten brilliert der MX-5 bei der Abgasprüfung. 30 Jahre alte Fahrzeuge verfügten auch bereits über elektronische Kraftstoffeinspritzungen und elektronische Zündanlagen. Anschließend schaltete Laura die Lichter und Blinker durch. Die im Haifischmaul montierten Nebellichter wurden vom Stuttgarter Mazda-Händler Supper bereits in den neunziger Jahren nachgerüstet und erfüllt damit die Normen zur Erlangung des H-Kennzeichens. Eine Werkstattrechnung gibt darüber Aufschluss. Den Nachweis für Abweichungen von der Serie muss der Kunde parat haben. Diese müssen 20 Jahre und älter sein und hier will Adrian Harrer von Laura auch alles genau wissen. So sind die 7 J x 15 Leichtmetallräder mit der 195/50 R 15-Bereifung zwar eingetragen, aber wann? Laura ist vorbereitet und legt ein DEKRA-Gutachten von 21. 2. 1991 sowie den Mazda-Zubehör-Prospekt vom Juni 1990 vor. Auf dem Titelfoto ist der MX-5 sogar mit diesen Felgen abgebildet und mit der Bestellnummer 3600-77-311 geführt. Auch auf die Diskussion mit dem Nardi-Lenkrad ist Laura vorbereitet. Dieses entspricht nämlich keinem der fünf damals optional lieferbaren Sonder-Lenkrädern. Es ist aber ebenfalls in einem Gutachten vom 2. Oktober 1997 erstmals aufgeführt und der ordnungsgemäße Anbau gemäß § 19 Abs. 3 StVZO bestätigt. Zudem wird eine allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) von 1990 mitgeführt, in dem der MX-5 unter der ABE-Nr. F488 geführt ist. Der Prüfingenieur ist hoch zufrieden und fährt die Hebebühne nach oben, um den Unterboden zu sichten. „Der Wagen ist absolut neuwertig“, murmelt der Spezialist, auch als er das Spiel der Rad-Aufhängungen prüft. Hier kann sich Laura nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass der MX-5 als Neuwagen bei dem als Dinol-Partner lizenzierten Karosserie-Betrieb Erwin Krieg bereits behandelt wurde – und zwar noch vor der Erstzulassung. Spaßig winkt die 25-jährige mit dem 30 Jahre alten Nachweis vom 23. Mai 1990, der in den Unterlagen ebenfalls abgeheftet war. Laura fügt schmunzelnd hinzu, dass die Garantie dieser Vorsorge aber bereits 1992 abgelaufen sei. Sie gab aber auch zu verstehen, dass der Mazda nicht ein einziges Mal im Winter gefahren worden wäre. „Der Auspuff ist aber nicht original“, unterbricht Harrer die positive Stimmung mit strengem Tonfall. „Stimmt“, antwortet Laura und legt einen Lieferschein vom 4. März 1996 sowie die EG-Genehmigung mit der Nummer L 4274 für den Postert-Sport-Schalldämpfer vor. In dem Originaldokument vom 27. September 1991 steht geschrieben, dass „eine Eintragung in die Fahrzeugpapiere entfällt, wenn diese Genehmigung mitgeführt wird“.

Der Prüfingenieur nickt ab und erklärt, dass so eindeutige Nachweise für zeitgenössisches Zubehör in den meisten Fällen nicht vorliegen. Oftmals aber würden auch Fotos mit einem zeitlichen Bezug oder Beschreibungen in zeitgenössischen Büchern ausreichend Aufschluss geben, wenn beispielsweise Rallye-Zubehör eingebaut worden sei. Ein GTÜ-Classic-Experte kann aber auch gegen Kostenerstattung beauftragt werden, selbst zu recherchieren; zumal alle rund 2300 selbständigen und hauptberuflich tätigen Kfz-Verständige auf das hausinterne Archiv und die eigene Oldtimer-Datenbank zugreifen können.

Ein zweiter Aspekt führt ebenfalls zur Verunsicherung in Bezug auf die Erlangung eines H-Gutachtens: Der notwendige Zustand des Wagens. Auch hierfür hat Adrian Harrer die Antwort parat: „Wir orientieren uns an der Zustandsnote 3 und besser. Der vorgeführte Wagen darf in einem „gebrauchten Zustand ohne größere technische und optische Mängel“ sein.

Inzwischen haben sich weitere GTÜ-Kunden um den in Rot glänzenden MX-5 mit nur 24.342 Kilometern auf dem Tacho versammelt. Laura bezahlt 156 Euro und fährt den neuen „echten“ Oldtimer zufrieden nach Hause.

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