Weshalb englische Schulregeln eine Geschäftsidee begründeten? Modellautos der 1950er Jahre sind die Shooting-Stars der Sammlerszene

Jack Odell, Gründer der Firma Matchbox, wollte eigentlich nur seiner Tochter den Wunsch erfüllen, ihr Spielzeug mit in die Schule nehmen zu können. Die Regel der englischen Schule besagte, dass die Kinder nur Spielzeug dabeihaben dürfen, das nicht größer als eine Streichholzschachtel ist. Und schon war die Idee geboren – Matchbox startete 1953 mit den ersten Modellen, die heute ein Vermögen wert sind. Beispielsweise ein 1967 Mercedes-Benz 230 SL, der auf einer Auktion die unglaubliche Summe von 6.392 Euro brachte oder der goldfarbene Opel Diplomat aus dem Jahre 1966, der einen Auktionswert von 7.500 Euro erzielte. Viele der in den 1950er und 1960er Jahren hergestellten Spielzeugautos, die meist im Maßstab 1:64 hergestellt werden, sind heute gesuchte Raritäten – und wenn sie noch die Originalverpackung besitzen und unbespielt sind, werden für frühe Matchbox-Miniaturautos enorme Summen bezahlt.

Spitzenreiter ist jedoch die englisch Firma Dinky Toys, die 1933 startete und derzeit den Rekord hält. Ein englischer Typ 22 Vorkriegslieferwagen von Dinky Toys mit der Aufschrift des Londoner Fahrradgeschäftes W.E. Boyce wurde für glatte 26.000 Euro versteigert. Neben Matchbox und Dinky Toys tummelt sich noch eine dritte englische Firma auf dem Sammlermarkt, es ist die Firma Corki International Limited, kurz Corki Toys genannt, die in den späten 1950er Jahren gegründet eine Vielzahl an Miniaturmodellen auf den Markt brachte. Auch hier war der Maßstab 1:43, der zu den häufigsten Größen im Miniaturmarkt zählt.

 

100.000 – 120.000 Sammler allein in Deutschland

Egal ob Ferrari, Bentley, Porsche, die „Ente“ oder der De Lorean Sportwagen. Sie alle haben ihre kleinen Geschwister im Miniaturmarkt und sind die begehrten Stücke von Sammlern, die in Deutschland nach Schätzungen der Branche rund 100.000 bis 120.000 Hobbysammler aufweisen können. Oft sprengt der Wunsch vom Traumauto den finanziellen Rahmen und so wird die Miniaturausgabe die beliebte Alternative. Und auch hier ist es wie bei den Sammlern der großen Originalfahrzeuge – die Jugenderinnerungen steuern die Sehnsüchte und der Geldbeutel die jeweilige Liga, in der sich die Sammler tummeln. Vorgenannte historische Marken wie Matchbox, Corki Toys und Dinky Toys stellen dabei mit den Erstausgaben der 1950er Jahre die Oberliga dar, bei der das Modellauto beinahe so viel kostet wie das Original. Alle drei sind bereits Vergangenheit, wurden abgewickelt oder wie im Falle von Matchbox dem amerikanischen Spielzeughersteller Mattel einverleibt, der sich mit den Barbie-Puppen einen Namen gemacht hat. Heute tummeln sich Dutzende Hersteller weltweit auf dem Markt der Miniaturautomobile, die eine ganze Palette an Maßstäben von 1:18 (Minichamps, AutoArt, Kyosho, CMC, Revell, Hot Wheels oder Welly) auf den Markt bringen, die vor allem durch ihre Detailtreue und vielen beweglichen Teilen auffallen. Gefolgt wird dieser Maßstab von den Modellen 1:24, die vorwiegend dem Trend detailgetreuer Fahrgestelle, Motoren und Innenausstattungen folgen. Hier sind vor allem die Japaner Tamiya und Revell sehr aktiv. Der Maßstab 1:43 bietet weltweit die größte Auswahl an Modellen und hat auch die größte Sammlergemeinde vorzuweisen. Firmen wie Gama und Solido dominieren diesen Maßstab. Der bereits genannte Maßstab 1:64, auch Matchboxautos genannt, ist vor allem bei Kindern sehr beliebt und nehmen es mit der Detailtreue nicht immer so genau. Markttreiber sind hier die Firmen Siku, Matchbox, Hot Wheels und Majorette, die dicht gefolgt von den auch Metallmodellen genannten Maßstäben 1:87 den Markt dominieren. Hersteller sind hier die bekannten Firmen Schuco, Brekina, Wiking und Welly, deren hochwertige Metallprodukte auch gerne von den großen Automobilherstellern genutzt werden, um ihren Kunden das Miniaturmodell zum gekauften Originalwagen als Präsent zu überreichen.

 

Sammlertypen und Leidenschaften

Modellautos gibt es von den unterschiedlichsten Herstellern und so gut wie in allen Größen. Die Zahl der Miniaturautomobile dürfte in die Milliarden gehen und so ist es nicht verwunderlich, wenn Sammler anfangen sich zu spezialisieren. Während die einen nach Spielzeughersteller sortiert sammeln, konzentrieren sich andere auf die Automarke oder nach dem Maßstab. Aber auch die Hersteller haben ihre Fangemeinden. So zum Beispiel der deutsche Hersteller Wiking, der jährlich rund eine Million Fahrzeuge in Lüdenscheid produziert und die wohl größte Fangemeinde unter den Miniatursammlern besitzt, dicht gefolgt von Schuco, die ebenfalls die Sammlergemeinde mit hervorragend gestalteten Sondereditionen überraschen. Grundsätzlich aber gilt die Faustregel: Originalverpackung, ungeöffnet und unbespielt sind am Wertvollsten und wer die einschlägigen Marktplätze oder die zunehmenden Tauschbörsen besucht, wird unter den kostbaren Stücken sicherlich auch ein Modell für kleines Geld ergattern. Seltene Ur-Alt-Modelle aus den Kindertagen dieser Branche kosten hingegen gut und gerne ein paar Tausend Euro.